Symptomatik 

Die Symptome von Depersonalisation und Derealisation sind sehr vielfältig.  Veränderungen des Erlebens können auf allen Sinnesebenen erfahren werden. In erster Linie werden dabei 

  • die eigene Person
  • das Selbst oder 
  • die Umwelt 

als unwirklich, verzerrt oder fremd wahrgenommen. Betroffene können sich distanziert oder wie abgeschnitten von ihren Mitmenschen fühlen, bei gleichzeitig intakter Realitätseinschätzung, d.h. die auftretenden Änderungen werden nicht wahnhaft (z.B. von außen gemacht oder von anderen Personen kontrolliert) gedeutet.

Betroffene beschreiben die Symptome häufig mit Hilfe von Metaphern: sich wie im Nebel zu fühlen, nicht wirklich wach oder "stoned" zu sein, ohne Drogen konsumiert zu haben. Es handelt sich um eine "als ob"-Symptomatik. Betroffene wissen, dass sie sich nicht "real" in einem Traum befinden, sondern es fühlt sich für sie so an, "als ob" sie ein Beobachter ihrer selbst seien oder "als ob" das alles nur ein Traum sei, in dem sie sich befinden.

Das Depersonalisationserleben bezieht sich auf den

  • eigenen Körper,
  • Gedanken,
  • die Gefühlswelt,
  • subjektive Wahrnehmungen,
  • das Vorstellungsvermögen (die Imaginationsfähigkeit kann vollständig eingeschränkt sein),
  • ein verändertes Zeiterleben (das Vergehen der Zeit wird als langsamer oder schneller wahrgenommen),
  • das Berührungs- oder Schmerzempfinden (die Wahrnehmung von beidem kann vermindert sein) 
  • oder auf die eigenen Handlungen.

Manche Betroffene beobachten sich selbst wie aus der Ferne oder haben das Gefühl neben sich zu stehen. Sie können sich als unbeteiligte Beobachter:in des inneren als auch des äußeren Geschehens/Alltags/Lebens fühlen, anstatt es von mittendrin aus mitzuerleben. Andere Personen oder Gegenstände werden von manchen als weit entfernt wahrgenommen.

Das eigene Selbst kann sich wie aufgelöst anfühlen oder als ob es gar kein eigenes Selbst mehr im Inneren gäbe. Für einige Betroffene fühlt sich ihr Kopf an, als sei er mit Watte gefüllt oder voller Nebel. Gedanken werden manchmal nur weit entfernt wahrgenommen, genauso wie Erinnerungen, die ohne jegliche emotionale Beteiligung des Erlebten erfahren werden können.

Auch das eigene Körpergefühl kann sich verändert haben. Manchmal fühlt sich der Körper für die Betroffenen sehr leicht oder wie aufgelöst an. Es kann das Gefühl entstehen, wenig Kontrolle über die eigenen Bewegungen oder das Sprechen zu haben, sich wie auf Autopilot geschaltet oder sich automatenhaft wie ein Roboter zu fühlen.

Hypoemotionalität, in Form von emotionaler oder körperlicher Taubheit, ist ebenfalls häufig, auch der Geschmacks- oder Geruchssinn sowie das Hunger- und Durstgefühl können vermindert sein.


Die konkreten Symptome finden sich als sogenannte Kernsymptome in der CDS (Cambridge Depersonalisation Skala), einem Selbstberichtsfragebogen, in dem die wesentliche Symptomatik aufgelistet ist. Folgende Beispiele sind typische Symptome, die von Betroffenen genannt werden (die Auflistung erfolgt in Anlehnung an die CD Skala):

  • Während ich etwas tue, habe ich das Gefühl, als ob ich ein von mir „abgetrennter Beobachter" meiner selbst wäre.
  • Mein Körper scheint sehr leicht zu sein, so als ob er in der Luft schwebt.
  • Wenn ich weine oder lache, kommt es mir vor, als ob ich dabei keine Gefühle empfinde.
  • Ich habe die Empfindung, als ob ich überhaupt keine Gedanken mehr hätte.
  • Ich scheine nicht fähig zu sein, mir Dinge bildlich vorzustellen, zum Beispiel das Gesicht eines vertrauten Freundes oder einen vertrauten Ort.
  • Ich muss mich selbst anfassen, um mich zu vergewissern, dass ich einen Körper habe und wirklich existiere.
  • Wenn ich in den Spiegel schaue, kommt es mir vor, als ob ich mich nicht darin erkenne.

Situationen und Umgebungen, die ungewohnt, neu oder von den Sinneseindrücken her überreizend sind, können im Zusammenhang mit einer Verstärkung eines Depersonalisations-/Derealisationserleben stehen.

Begleitend können stark bewertende oder katastrophierende Gedanken, die sich als Angst „verrückt“ zu werden äußern können, auftreten.

Ein Depersonalisations-/Derealisationserleben kommt in der Normalbevölkerung häufig vor, ohne dass die jeweiligen Begriffe den meisten Menschen bekannt sind. Treten diese Symptome nur vorübergehend auf, wie in emotional belastenden Situationen:

  • unter Stress,
  • während bedrohlicher Ereignisse,
  • bei starker Erschöpfung oder Müdigkeit,
  • bei Schlafmangel,
  • Jetlag,
  • beim Entzug von sensorischen Reizen (in abgedunkelten Zimmern, beim Ausschluss jeglicher Geräusche etc.),
  • bei körperlichen Erkrankungen,
  • oder unter dem Einfluss von Drogen

werden sie oft von den Personen gar nicht weiter beachtet und schnell wieder vergessen.

Auch in angstbesetzten Situationen wie z.B. beim Prüfungsstress kann die Symptomatik kurzzeitig (Minuten bis Stunden), ohne Krankheitswert, auftreten. Beispiele hierzu finden sich in der CDS-S, einem Fragebogen, der sich auf das situationsabhängige Depersonalisations- und Derealisationserleben bezieht.

Ist die Symptomatik wiederkehrend oder dauerhaft vorhanden, sollte an das Vorliegen einer Depersonalisations-/Derealisationsstörung gedacht werden. Die Zeitdauer des Auftretens spielt hier eine wesentliche Rolle (siehe Beutler-Traktovenko S. et al., 2025).

Verwendete Literatur:

Beutler-Traktovenko S. et al. (2025). Dissociative episodes and concurrent heart rate in patients with PTSD - An ecological momentary assessment. Psychiatry Res. 2025 Jan 2;344:116345

Cambridge Depersonalisation Scale, CDS

Falkai, P., Wittchen, H.-U. (Hrsg.) (2018). Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5®. Göttingen: Hogrefe

Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 11. Revision, ICD-11

Schweden, T., Konrad, A., Hoyer, J. (2019). Die Cambridge Depersonalisation Scale-Situational (CDS-S) zur Erfassung von situationsabhängigem Depersonalisationserleben. Diagnostika, 65.

Sierra, M. (2009). Depersonalization: A New Look at a Neglected Syndrome. Cambridge: Cambridge University Press.